Viele Menschen fürchten sich davor, in die Stille zu gehen und ins Schweigen zu kommen. Die Vorstellung, sich mehrere Tage nicht zu unterhalten oder überhaupt verbal zu äußern, fühlt sich seltsam an und vielleicht schwingt auch eine Sorge vor entstehender Isolation und Einsamkeit mit. Sehr häufig erlebe ich große Irritation oder sogar Bewunderung, wenn ich von meinen jährlichen Schweige-Exerzitien erzähle, die ich als rundum wohltuend empfinde. Jedes Jahr freue ich mich sehr auf diese intensive Zeit mit Gott. Isoliert fühle ich mich dabei keineswegs, denn auch ohne Worte gibt es Formen der Kommunikation und Begegnung – sei es beim Wandern oder im Speisesaal. Begleitgespräche durch SeelsorgerInnen sind zusätzlich eine gute Option.
Jesus sucht bewusst und braucht die Momente und Zeiten der Stille und des Alleinseins, um wieder zu Kräften zu kommen und um ungestört und ganz fokussiert in die Kommunikation mit seinem himmlischen Vater zu treten.
Gleiches dürfen wir tun, um unsere Beziehung zu Gott zu pflegen und Stärkung zu erfahren. Jede Gebetszeit schenkt mir immer wieder neu die Gewissheit, dass ich getragen bin. Egal wie aufgewühlt ich bin oder ob ich Albträume in der Nacht gehabt habe – gestärkt und mit neuer Sicherheit ausgestattet gehe ich nach einer stillen Zeit wieder durch den Tag. In der Stille fühle ich mich Gott besonders nah und möchte diese Erfahrungen gerne teilen bzw. dazu ermutigen, diese Erfahrung selbst zu machen. Welch ein Glück und Privileg ist es doch, dass Ängste und Zweifel losgelassen werden können und sich ein starkes Gefühl von Geborgenheit breitmacht.
Das folgende frei formulierte Gebet (anonym) hat mich dazu sehr passend angerührt:
Gott, bei dir zu Hause muss ich keine Angst haben zu verschlafen, es gibt auch nach neun noch Frühstück. Ich darf die Füße auf dem Sofa hochlegen und meinen Gedanken freien Lauf lassen. Ich habe einen Schlüssel, der passt, ich darf ein- und ausgehen, wie ich mag. Ich darf dir zuhören, was du erzählst, und einfach nur da sein.
Die weiteren Zeilen des Gebetes passen ebenfalls gut zum Evangelium, in dem 5.000 Menschen zu essen bekommen: In diesem Haus wohnen noch viele andere, hier ist genug Platz. Wir sitzen alle an einem Tisch, erzählen, lachen, weinen und sind einfach beisammen. Hier lässt es sich gut leben. Ja – bei Dir lässt es sich wirklich gut leben!
Thale Schmitz
Evangelium:
Joh 6, 1–15: Eine große Menschenmenge bekommt zu essen
1 Danach kam Jesus an das andere Ufer des Galiläischen Sees, den man auch See von Tiberias oder See Gennesaret nennt. 2 Eine große Menschenmenge folgte ihm, weil sie die Zeichen sahen, die er an den Kranken tat. 3 Zusammen mit seinen Jüngern stieg Jesus auf einen Berg und ließ sich dort mit ihnen nieder. 4 Das war in den Tagen kurz vor dem jüdischen Paschafest. 5 Als Jesus die vielen Menschen kommen sah, fragte er Philippus: „Wo können wir für alle diese Leute Brot kaufen?“ 6 Er wollte aber nur sehen, ob Philippus ihm das zutraute, denn er wusste, was er tun wollte. 7 Philippus überlegte: „Wir müssten zweihundert Denare, also einen ganzen Jahreslohn, ausgeben, wenn wir für jeden auch nur ein kleines Stückchen Brot kaufen wollten.“ 8 Da meldete sich Andreas, der Bruder von Simon Petrus, zu Wort: 9 „Hier ist ein kleiner Junge, der hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische. Aber was ist das schon für so viele Menschen!“ 10 „Sagt den Leuten, dass sie sich hinsetzen sollen“, forderte Jesus die Jünger auf. Und alle – es waren etwa fünftausend Männer, Frauen und Kinder nicht mitgerechnet – lagerten sich an dem dicht mit Gras bewachsenen Ort. 11 Dann nahm Jesus die fünf Gerstenbrote, sprach das Dankgebet und verteilte sie an die Menschen. Mit den beiden Fischen machte er es genauso. Jeder bekam so viel, wie er wollte. 12 Als alle satt waren, sagte Jesus zu seinen Jüngern: „Sammelt die Brotreste ein, damit nichts verdirbt!“ 13 Und die Jünger füllten noch zwölf Körbe mit den Resten. So viel war von den fünf Gerstenbroten übriggeblieben. 14 Als die Leute das Zeichen sahen, das Jesus getan hatte, riefen sie begeistert: „Das ist wirklich der Prophet, der kommen soll und auf den wir so lange gewartet haben!“ 15 Jesus merkte, dass sie ihn festhalten und unbedingt zu ihrem König ausrufen wollten. Deshalb zog er sich wieder auf den Berg zurück; er ganz allein.